Martinique
Das französische Übersee-Departement Martinique hat die größte Anzahl an Rum-Destillerien in der östlichen Karibik: 9 Destillerien und 17 Marken. Wobei auch auf Martinique Konsolidierung zur Schließung einiger Destillerien führten. Allein in den letzten 20 Jahren wurden 6 Brennereien geschlossen, darunter auch Traditions-Betriebe wie Bally. Wie auf der anderen französischen Insel Guadeloupe wird hier ein Rum aus Zuckerrohrsaft und Melasse produziert, wobei sie als Heimat der Rhum Acricole, also der Rums aus Zuckerrohrsaft, gilt. Allgemein haben die Rhum Agricoles florale Noten und einen frischen und süßeren Geschmack. Die heute noch existierenden Brennereien sind:
Die fruchtbare Vulkan-Erde auf Martinique ergibt einen sehr hohen Zuckergehalt des Zuckerrohrs. Sie haben hier rund einen Anteil von 27 %, im sonstigen Mittel beträgt der Zucker-Anteil 18 %.
Als der Zucker-Export noch eine große wirtschaftliche Bedeutung hatte wurde auf Martinique der Rum wie anderorts aus Melasse gebrannt. Während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts produzierten 21 Zuckerfabriken auf der Insel Zucker und um 1880 gab es über 200 Rum-Destillerien auf der Insel.
Die Zuckerindustrie erlitt durch mehrere Faktoren starke Einbußen:
- Durch Spekulationen auf dem Weltmarkt
- Durch die europäische Zuckergewinnung mittels Zuckerrübe
- Dies führte zu Überproduktion und vorhersehbaren Zusammenbruch der Industrie
Dazu kamen noch Naturkatastrophen, die die Anlagen z.T. sehr stark beschädigten:
- 1891 ein schweren Hurrikan verwüstet fast die gesamte Insel
- 1895 eine lange Dürrephase vernichtet einen Großteil der Ernte
- 1902 Zerstörung durch den Vulkanausbruch des St. Pierre oder Pelèe
Folge war, dass nur 7 Zuckerfabriken überlebten, die ihren ersten Boom im 1 Weltkrieg durch die Nachfrage nach Alkohol für Sprengstoffe hatten. Diese Nachfrage erbrachte die Umstellung der Alkoholproduktion durch die Melasse in den reinen Zuckerrohrsaft. Da mit Zucker auch kaum noch Geld zu verdienen war und die Alkoholausbeute aus dem Zuckerrohrsaft wesentlich ergiebiger war. Seitdem gilt Martinique als die Insel des Rhum Agricole, also dem Rum der aus dem Saft des frisch gepressten Zuckerrohrs hergestellt wird.
Nach dem Krieg wurde am Martinique wieder Zucker für Frankreich produziert, da die Zuckerrüben-Industrie in Europa durch die Kriegsverwüstungen zerstört war. Die französische Regierung hatte früh nach dem Krieg begonnen staatliche Regulierungen für die Zuckergewinnung und Alkoholproduktion einzuführen. Dies führte dann zur Stabilisierung der Produktionen, jedoch auch zur Schließung vieler kleiner Brennereien, die der Konkurrenz nicht gewachsen waren.
Auch die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre traf Martinique, wie alle anderen karibischen Inselstaaten hart. Zwischen 1930 und 1937 sank die Zahl der kleinen Brennereien von 155-120 auf nur noch 25 im Jahr 1939. Seit den 1950iger Jahren wurden durch die allgegenwärtigen Konsolidierungen der Wirtschaft die meisten Produktionen zusammengelegt.
Mit der Pot Still- und Column Still-Methode werden die starke und individuellen Arten von Zuckerrohrsaft-Rum erzeugt. Die Rum-Sorten reifen oft in französischen Brandy-Fässern für mindestens 3 Jahre. Rhum Vieux (älterer Rum) ist sehr vergleichbar mit älteren französischen Brandys. Dieser Vergleich wurde bei einer Cognac-Blindverkostung durch das Einschmuggeln eines lang gereiften Rhum Aggricole bewiesen. Der Rhum Agricole erlangte bei der Prämierung den ersten Platz. Dies zeigt, dass der Geschmack eines aus Zuckerrohrsaft destillierten Rum eine ganz andere Aromen-Vielfalt aufweist als andere Rum-Arten.
Martinique hat seit 1996, gegen großen Widerstand der französischen Spirituosenhersteller, eine eigene AOC Rhum, in der die Herstellung festgelegt und überwacht ist. So wird vorgeschrieben…
…wo welche Zuckerrohrarten angebaut/verwendet werden
…wie hoch der Ertrag sein darf (= 120 t/ha)
…Rhum aus Zuckerrohrsaft heißt Rhum agricole
…Rhum aus Melasse heißt Rhum Industriel
…dass der Zuckerrohr kalt gepresst wird
…dass der Zuckerrohrwein in offenen Behältern vergoren wird
…dass der Zuckerrohrwein min. 3,5 vol.-% aufweisen muss
…dass die Destillationshöhe zwischen 65 und 71 vol.-% liegen muss
Auch die Beschriftungen der Etiketten sind genormt, so weiß man, was wie gemacht wurde: